Hausärzt:in 10/2024

MSA: Vier neue genetische Risikofaktoren identifiziert

Durch die Zusammenarbeit von mehr als 20 Institutionen weltweit – darunter auch Expert:innen der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie, ist es in einer aktuellen Studie gelungen, vier neue genetische Risikofaktoren für die Multisystematrophie (MSA) zu identifizieren.

MSA ist eine im Erwachsenenalter auftretende, sporadische Störung. Sie wird zusammen mit der Parkinson-Krankheit und der Lewy-Körper-Demenz als "Synucleinopathie" klassifiziert, da eine ihrer Eigenschaften ein anormaler Aufbau von α-Synuclein-Protein ist. Da die MSA sehr selten ist und ihre Symptome von Fall zu Fall variieren können, ist die Erkrankung im Gegensatz zu Parkinson und der Lewy-Körper-Demenz immer noch schlecht verstanden.

Um diese Verständnislücke zu schließen, stellte ein Forschungsteam unter der Führung von Sonja W. Scholz, Leiterin der Abteilung für neurodegenerative Erkrankungen am National Institute of Neurological Disorders and Stroke, in Bethesda, USA, die bisher größte Genom-Sequenzierungsdatenbank für MSA zusammen. Eine internationale Zusammenarbeit mit Institutionen aus den USA und Europa war erforderlich, darunter auch der Beitrag des Innsbruck MSA-Teams aus der von Wenning etablierten und geleiteten Abteilung für Neurobiologie, um die vollständigen Genome von 888 Menschen europäischer Abstammung mit MSA zu sammeln. Die gesammelten Daten wurden mit den Genomen von 7.128 Kontrollpersonen verglichen, um die genetischen Grundlagen von MSA besser zu verstehen. Dabei verwendete das Team moderne und ausgefeilte genomweite Analysetechniken, um mehr als neun Millionen verschiedene Genvarianten innerhalb dieser Datenbank zu untersuchen. Schließlich konnten vier neue Risiko-Loci für MSA identifiziert werden. Außerdem konnten die Forscher:innen spezifische Gene hervorheben, die mit einer erhöhten Anfälligkeit für MSA in Verbindung stehen.

Jedoch war die Genomanalyse nur ein erster Schritt: Um die Auswirkungen von genomischen Veränderungen bei MSA besser zu verstehen, führte das Forschungsteam auch eine Transkriptomanalyse durch. So konnten Veränderungen in der mRNA, in den Anweisungen zur Herstellung von Proteinen erkannt werden, die aus der genomischen (DNA-) Vorlage eines Menschen erstellt werden. Die Analyse zeigte die Auswirkungen der genomischen Veränderungen, die mit MSA in Verbindung gebracht werden, auf spezifische Zelltypen, einschließlich Neuronen und Oligodendrozyten – jene Zellen, die die zelluläre Kommunikation im Gehirn unterstützen. Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Studie: Ein Defekt in den Oligodendrozyten könnte ein zentraler Treiber für MSA sein – eine Erkenntnis, die die vorherrschende Hypothese zu Entstehung der neuronalen Störung unterstützt.

Die Studie wurde im Fachjournal "Neuron" veröffentlicht.

Chia et al. (2024). Genome sequence analyses identify novel risk loci for multiple system atrophy. Neuron. https://doi.org/10.1016/j.neuron.2024.04.002