Immuntherapien, die das körpereigene Immunsystem im Kampf gegen verbliebene Krebszellen unterstützen, gelten als vielversprechender Ansatz, um die hohe Rückfallquote bei der Akuten Myeloischen Leukämie (AML) zu verbessern. Zahlreiche klinische Studien fokussieren dabei auf die sogenannten Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) – Lymphozyten, die der Abtötung virusinfizierter und tumorös entarteter Zellen dienen. Doch AML-Zellen können dieser körpereigenen Immunabwehr oftmals entgehen. Einem Team der KL Krems gelang ein bedeutender Beitrag, um die dafür verantwortlichen Mechanismen zu verstehen.
"Wir zeigen erstmals, wie STAT3 in leukämischen Zellen zur Eliminierung durch NK-Zellen beiträgt. Dies erfolgt in Zusammenspiel mit Oberflächenstrukturen der AML-Zellen. Diese Oberflächenstrukturen werden ICAM-1 genannt.", erläutert Univ.-Prof. Dr. Dagmar Stoiber-Sakaguchi, Leiterin des Fachbereichs Pharmakologie der KL Krems und Letztautorin der Studie. Dem Team gelang es, nachzuweisen, dass AML-Zellen, die kein STAT3 besitzen, weniger effizient durch NK-Zellen eliminiert wurden – und auch weniger ICAM-1 aufwiesen. ICAM-1 – Intercellular Adhesion Molecule 1 – dient den NK-Zellen als Bindungsstelle, die zur Vernichtung der Krebszellen notwendig ist. Sind weniger ICAM-1 vorhanden, können die NK-Zellen ihrer Aufgabe nicht optimal nachgehen. Denn NK-Zellen bilden mit ICAM-1 auf den leukämischen Zellen sogenannte immunologische Synapsen. In der Folge werden zytotoxische Moleküle auf die AML-Zellen übertragen, die diese absterben lassen – ein Vorgang, der ohne STAT3 nicht effizient ablaufen kann.
Zur Überprüfung veränderte das Team um Stoiber-Sakaguchi STAT3-defiziente AML-Zellen so, dass sie trotz fehlendem STAT3 ICAM-1 herstellen konnten. Es zeigte sich dabei, dass der Effekt des fehlenden STAT3 (die ineffiziente Eliminierung durch NK-Zellen) kompensiert werden konnte. Dies sei ein klarer Hinweis, dass STAT3 im Zusammenspiel mit ICAM-1 leukämische Zellen für die Immunabwehr angreifbar macht. Zudem zeigten Auswertungen von Patient:innen-Daten der Med Uni Graz, dass die Expression von STAT3 und ICAM-1 in AML-Zellen positiv korrelierten, d.h. dass mehr ICAM-1 in den Zellen hergestellt wurde, wenn mehr STAT3 synthetisiert wurde. "Die Auswertung zeigte auch, dass Betroffene mit hoher Expression von ICAM-1 länger überlebten. Unsere Ergebnisse lassen diesbezüglich vermuten, dass dies dank einer effizienteren Eliminierung von AML-Zellen durch NK-Zellen erfolgte", so Dr. Agnieszka Witalisz-Siepracka, Erstautorin der Studie.
Das Zusammenspiel von STAT3 und den Oberflächenstrukturen auf leukämischen Zellen könnte sich als Biomarker für künftige Immuntherapien eignen.
Witalisz-Siepracka et al. (2024). STAT3 in acute myeloid leukemia facilitates natural killer cell-mediated surveillance. Frontiers in Immunology, 15. https://doi.org/10.3389/fimmu.2024.1374068