Hausärzt:in 07-08/2024

Darmkrebs: Neuer Ansatz, um Wirksamkeit von Immuntherapien zu verbessern

Das mikrosatelliten-stabile kolorektale Karzinom (MSS CRC) kann derzeit nur eingeschränkt mit modernen Immuntherapien behandelt werden. Nun hat ein Forschungsteam unter der Leitung der MedUni Wien die mögliche Ursache für das Therapieversagen identifiziert und damit einen Weg gefunden, um die Behandlung der Patient:innen zu verbessern.

Die Forscher:innen um Dr.in med. Victoria Stary (Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie, Comprehensive Cancer Center der MedUni Wien und des AKH Wien) stellten eine spezielle Art von Immunzellen, die so genannten γδ T-Zellen in den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen. Bei Immunstörungen im Zusammenhang mit Darmkrebs wurde die Rolle dieser Zellen bisher nicht erforscht. Anders als die weitaus besser untersuchten αβ T-Zellen, die Fremdkörper im Körper erst erkennen, wenn sie ihnen von anderen Zellen präsentiert werden, können γδ T-Zellen direkt auf jene Signale reagieren, die von möglicherweise kranken Zellen ausgesendet werden. Diese Eigenschaft macht sie zu einem hochwirksamen Bestandteil des Immunsystems.

Die Analysen der Forscher:innen zeigen: Eine bestimmte Untergruppe dieser Zellen, die so genannten Vδ1+ T-Zellen, funktionieren bei Patient:innen mit MSS CRC nicht ausreichend, um den Krebs effektiv zu bekämpfen. Als Auslöser dafür konnten die Wissenschafter:innen bestimmte Fibroblasten identifizieren, die Stoffe freisetzen, die die Aktivität der Vδ1+ T-Zellen blockieren. "Wie wir herausgefunden haben, lässt sich diese Blockade teilweise aufheben, wenn ein bestimmtes Molekül namen TIGIT auf den Vδ1+ T-Zellen gehemmt wird. So können die T-Zellen wieder etwas besser gegen die Krebszellen ankämpfen", erklärt Stary.

Mit 85 bis 90 % machen mikrosatelliten-stabile Tumoren die überwiegende Mehrheit der kolorektalen Karzinome aus. Patient:innen mit MSS CRC sprechen im Gegensatz zum mikrosatelliten-instabilen Darmkrebs (MSI CRC) nur begrenzt auf Immuntherapien an, die darauf abzielen, das körpereigene Immunsystem zur Bekämpfung des Tumors zu aktivieren. Die neu gewonnenen Erkenntnisse liefern eine mögliche Erklärung für das Therapieversagen. Gleichzeitig zeigen sie vielversprechende Optionen auf: "Unsere Studie zeigt, dass nicht nur die bekannten αβ T-Zellen, sondern auch die γδ T-Zellen eine Rolle bei der weitaus häufigsten Form von Darmkrebs spielen. Künftige Forschungen könnten gezielt die γδ T-Zellen und deren Wechselwirkungen mit anderen Zellen im Tumormikromilieu wie etwa den Fibroblasten ins Visier nehmen, um Möglichkeiten für bessere Behandlungserfolge bei MSS CRC zu entwickeln", so Stary abschließend.

Die Studie wurde kürzlich im Journal "Nature Communications" veröffentlicht.

Stary et al. (2024). Dysfunctional tumor-infiltrating Vδ1 + T lymphocytes in microsatellite-stable colorectal cancer. Nature Communications, 15(1). https://doi.org/10.1038/s41467-024-51025-1