Hausärzt:in 07-08/2024

Rückgang der Suizidraten im Arztberuf, Ärztinnen jedoch weiterhin stark gefährdet

Die Suizidraten unter Ärzt:innen sind im Laufe der Zeit zurückgegangen. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ist das Risiko für Frauen im Arztberuf aber immer noch deutlich höher – so lautet das Ergebnis der Analyse einer Forschungsgruppe der MedUni Wien von Daten aus 20 Ländern.

Das Forschungsteam rund um Studienleiterin Univ.-Prof.in DDr.in Eva Schernhammer (Leiterin der Abteilung für Epidemiologie) und Erstautorin Mag.a Claudia Zimmermann, MSc, untersuchte in Form einer Meta-Analyse die Ergebnisse von Beobachtungsstudien, die zwischen 1960 und 2024 veröffentlicht wurden und die Suizidraten unter Ärzt:innen mit denen der Allgemeinbevölkerung verglichen. Dabei wurden 39 Studien aus 20 Ländern (hauptsächlich aus Europa, den USA und Australien) einbezogen, die insgesamt über 3.303 männliche und 587 weibliche Suizide in zwei Beobachtungszeiträumen (1935-2020 und 1960-2020) berichteten.

Während das Suizidrisiko bei männlichen Ärzten im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung nicht erhöht war, zeigte sich, dass das Suizidrisiko bei Ärztinnen deutlich höher (76 %) als in der Allgemeinbevölkerung war. Die Analyse der zehn neuesten Studien im Vergleich zu älteren Studien ergab: Die Suizidrate ist sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Ärzten im Laufe der Zeit zurückgegangen, obwohl die Rate bei weiblichen Ärztinnen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung weiterhin signifikant erhöht war (24 % höher).

Genaue Ursachen für diesen Rückgang sind laut den Autor:innen nicht bekannt, jedoch könnten eine stärkere Sensibilisierung für psychische Gesundheit und die Unterstützung von Ärzt:innen am Arbeitsplatz in den vergangenen Jahren eine Rolle gespielt haben. Auch deute das hohe Maß an Variation (Heterogenität) zwischen den Studien darauf hin, dass das Suizidrisiko von Ärzt:innen in verschiedenen Populationen nicht einheitlich ist. Zudem ergab eine zusätzliche Analyse eine signifikant (81 %) höhere Suizidrate bei männlichen Ärzten im Vergleich zu anderen Berufsgruppen mit ähnlichem sozioökonomischen Status. Bei Ärztinnen sah das Verhältnis ähnlich aus, jedoch war die Zahl der in Frage kommenden Studien zu gering für eine separate Analyse.

Die Autor:innen weisen auf mehrere Einschränkungen hin, wie den Mangel an Studien aus Ländern außerhalb Europas, der USA und Australiens und die wahrscheinlich zu geringe Zahl der Suizidfälle als Todesursache aufgrund von Stigmatisierung. Dennoch basierte die Analyse auf einer vollständigen Bewertung der verfügbaren Daten und untersuchte eine Reihe von Faktoren als mögliche Ursachen für die Unterschiede. Weitere Anstrengungen bei der Erforschung und Verhütung des ärztlichen Suizides, insbesondere bei Ärztinnen, werden von den Autor:innen gefordert.

Die Analyse wurde aktuell im "British Medical Journal" veröffentlicht.

Zimmermann et al. (2024). Suicide rates among physicians compared with the general population in studies from 20 countries: gender stratified systematic review and meta-analysis. BMJ, e078964. https://doi.org/10.1136/bmj-2023-078964