Hausärzt:in 07-08/2024

Theranostik: Neue Entwicklungen für Therapie von Hirntumoren

Bei der Theranostik werden molekulare Bildgebung und gezielte Radionuklidtherapie integriert. Ein Positionspapier der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC), das unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Matthias Preusser von der MedUni Wien erstellt wurde, fasst das Potenzial des Konzepts für die Behandlung von Hirntumoren zusammen.

In der Präzisionsmedizin spielt Theranostik, eine Kombination aus Therapie und Diagnostik, eine zunehmend wichtige Rolle. Theranostische Behandlungen haben sich in randomisierten klinischen Studien bereits als wirksam erwiesen und sind inzwischen für die personalisierte Therapie von Prostatakrebs und neuroendokrinen Tumoren zugelassen. In dem Konzept sehen die Autor:innen des EORTC-Positionspapiers für die Therapie von Hirntumoren wie Gliomen, Meningeomen und Hirnmetastasen von Lungen-, Brust- oder Hautkrebs Potenzial. "Der klinische Bedarf an neuen Behandlungsoptionen bei diesen Tumoren ist groß" betont Matthias Preusser, Leiter der klinischen Abteilung für Onkologie der Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien. Denn die Sterblichkeit bei Patient:innen mit Hirntumoren bleibt trotz großer Fortschritte in den vergangenen Jahren hoch.

Von den Autor:innen des Papers werden Chancen und Problemstellungen für die neue klinische Anwendung dargelegt. Zudem werden Überlegungen zur effektiven Planung und Durchführung klinischer Studien zum theranostischen Behandlungskonzept bei Hirntumoren angestellt. Ebenso werden logistische wie regulatorische Herausforderungen bei der Implementierung von Radionuklidtherapien in der neuroonkologischen Praxis thematisiert. "Eine durchdachte Entwicklung wird die erfolgreiche Übertragung des theranostischen Konzepts auf Hirntumore fördern", so Preusser. Unter seiner Koordination ist für Ende des Jahres im EORTC-Netzwerk der Start der weltweit ersten prospektiv randomisierte Studie geplant, die in 35 Zentren in zehn europäischen Ländern inklusive Österreich eine theranostische Therapie bei rezidivierten Meningeomen untersuchen wird.

Bei der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) handelt es sich um eine unabhängige, nichtstaatliche, gemeinnützige Krebsforschungsorganisation mit Sitz in Brüssel. Ihr Ziel ist die Koordinierung und Durchführung internationaler translationaler und klinischer Forschung, um Krebstherapien weiterzuentwickeln und zu verbessern. Das Positionspapier wurde von einem spezialisierten EORTC-Komitee im Rahmen einer strategischen Umfrage, einer Literaturrecherche und einer Konsensfindung unter seinen multidisziplinären und internationalen Expert:innenmitgliedern erstellt.

Das Paper wurde im Journal "The Lancet Oncology" veröffentlicht.

Albert et al. (2024). Translating the theranostic concept to neuro-oncology: disrupting barriers. The Lancet Oncology. DOI: https://doi.org/10.1016/S1470-2045(24)00145-1