Eine Person, die medizinisch versorgt wird, wie auch ihre Angehörigen haben vermutlich nicht ihren besten Tag. Menschen mit gesundheitlichen Problemen sind oft verängstigt, gestresst, schmerzgeplagt – oder alles zusammen. Und obwohl viele Patient:innen dankbar sind und ihr Bestes tun, um dem Gesundheitspersonal die Arbeit zu erleichtern, sehen sich Menschen in Gesundheitsberufen von Zeit zu Zeit auch mit "schwierigen" Patient:innen konfrontiert.
Wenn Letztere ihren Frust an Mitarbeiter:innen auslassen, ist es oft nicht so einfach, dies nicht persönlich zu nehmen. Leichter gelingt das, wenn man sich vor Augen führt, dass Patient:innen respektive ihre Angehörigen meist aus einem triftigen Grund ungeduldig, wütend oder fordernd sind, nämlich meist aus Sorge. Wenn man bedenkt, dass viele Patient:innen mit chronischen Schmerzen oder einer niederschmetternden Diagnose zu kämpfen haben, ist es unter diesen Umständen einfacher, empathischer zu sein.
Ärzt:inAssistenz: Ordinationsassistent:innen haben häufig mit ungeduldigen, "beratungsresistenten", aggressiven … Patient:innen zu tun. Gibt es hier so etwas wie Kommunikationsrichtlinien, wie man den Patient:innen – je nach "Typ" – begegnen sollte?
Mag.a KASTRUN: Jede:r kennt sie: Menschen, die ständig etwas missverstehen, nörgeln oder jemanden beleidigen. Man überlegt dann immer, was man sagen darf. Das raubt einem Energie. Übliche Strategien sind Vergeltung, ehrliche Rückmeldung, Schweigen oder Ausweichen: ein Eiertanz. Das hilft selten. Je nach Typ gilt es, die richtige Vorgehensweise zu finden. Je nachdem, ob man es mit einem "Nörgler", einer "Dramaqueen", einem "Besserwisser" … zu tun hat. Die Regel gibt es nicht per se. Wichtig ist, sich klarzumachen, dass die Menschen, mit denen Vertreter:innen des Gesundheits- und Krankenpflegebereichs zu tun haben, in einer außergewöhnlichen Lebenssituation sind, Schmerzen haben, Angst verspüren. Da benimmt sich jemand oft ganz anders als im Alltag.
Im hektischen Ordialltag ist es oft schwierig, sich abzugrenzen, Dinge nicht persönlich zu nehmen. Wie kann es dennoch leichter gelingen, im Umgang mit einer "schwierigen" Patient:in die entsprechende Distanz zu wahren?
Der erste Schritt ist das Überprüfen der eigenen Haltung. Akzeptieren Sie, dass jeder Mensch individuell und einzigartig ist, eine unterschiedliche Sicht der Dinge sowie das Recht hat, anders zu denken und zu fühlen. Akzeptieren Sie, dass jede Person einen Rucksack zu tragen hat, der einmal sehr oder sogar zu schwer werden kann. Und vor allem: Patient:innen dürfen ungeduldig, wütend oder empört sein.
Im Zuge meiner Recherchen bin ich auf "EVA3" gestoßen. Was ist das für eine Methode und wie wendet man sie an?
"EVA3" ist eine bewährte Methode, mit der man Beschwerden begegnen kann. Sie ist sehr hilfreich – sowohl für den persönlichen als auch für den schriftlichen oder telefonischen Kontakt. Jeder Buchstabe steht für eine Vorgehensweise im Beschwerdefall. 'Entschuldigung' oder 'Es tut mir leid'. Verständnis zeigen. Analyse der Beschwerdeursache. Auflösung/Lösungsorientierter Umgang mit der Beschwerde ("Was wäre für Sie eine gute Lösung?"). Abschluss der Beschwerde ("Wer macht nun was zu welchem Zeitpunkt?").
Ein konkretes Beispiel: Jemand im Wartezimmer reagiert ungehalten und beschwert sich, dass ein anderer Patient vor ihm/ihr drankommt, obwohl er/sie früher in der Praxis gewesen ist. Wie sähe die ideale Reaktion einer Ordinationsmitarbeiter:in aus?
Die 'ideale Vorgehensweise' gibt es wohl kaum. Es sind hier Menschen beteiligt, die ganz unterschiedliche Lebenssituationen zu bewältigen haben. Hilfreich ist es immer, ruhig zu bleiben – auch wenn es schwerfällt –, Verständnis zu signalisieren, nicht in die Rechtfertigung zu gehen, sondern eine kurze und klare Erklärung abzugeben. Zum Beispiel: "Wir bitten Sie um Verständnis, dass die Reihenfolge aufgrund der Schwere der Erkrankung oder der Intensität der Schmerzen festgelegt wird." Das muss reichen.
Noch ein Beispiel. Eine Patientin meint beharrlich: "Aber meine Nachbarin nimmt das Nahrungsergänzungsmittel XY auch seit längerem, und es geht ihr seither besser. Warum sollte ich das nicht nehmen?" Was entgegnet man ihr am besten?
Auch hier ist die Haltung entscheidend. Hilfreich könnte etwa sein: "Frau XY, Sie sind natürlich Spezialistin für Ihren Körper und Ihr Befinden. Aus unserer Sicht stellt sich die Situation allerdings so dar, dass dieses Mittel für Sie nicht geeignet ist. Es steht Ihnen natürlich frei, auch noch eine Zweitmeinung einzuholen."
Möchten Sie unseren Leser:innen sonst noch etwas mitteilen?
Einfach ein Dankeschön dafür, dass die Menschen im Gesundheitsbereich mit so viel Geduld, Kompetenz und Freundlichkeit auch ganz schwierige Situationen meistern. Und: Humor hilft nicht immer, aber oft!