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Neurowissenschafter:innen entdecken RNA, die nicht altert

Bestimmte RNA-Moleküle in den Nervenzellen des Gehirns halten ein Leben lang, ohne erneuert zu werden. Das haben Neurowissenschafter:innen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) jetzt gemeinsam mit Forscher:innen aus Deutschland, Österreich und den USA nachgewiesen. 

Die meisten Zellen im menschlichen Körper werden regelmäßig erneuert und behalten so ihre Vitalität. Es gibt jedoch Ausnahmen: Das Herz, die Bauchspeicheldrüse und das Gehirn bestehen aus Zellen, die sich während der gesamten Lebensspanne nicht erneuern, aber dennoch voll funktionsfähig bleiben müssen. "Alternde Neuronen sind ein wichtiger Risikofaktor für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer", erklärt Prof. Dr. Tomohisa Toda, Professor für Neuronale Epigenomik an der FAU und am Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin in Erlangen. 

In einer gemeinsamen Studie mit Neurowissenschafter:innen aus Dresden, La Jolla (USA) und Klosterneuburg (Niederösterreich) hat die Arbeitsgruppe um Toda nun eine Schlüsselkomponente der Hirnalterung identifiziert: Erstmals konnte gezeigt werden, dass bestimmte Arten von Ribonukleinsäure (RNA), die das Erbgut schützen, genauso lange existieren wie die Neuronen selbst. "Das ist überraschend, denn anders als die DNA, die sich in der Regel nie verändert, sind die meisten RNA-Moleküle extrem kurzlebig und werden ständig ausgetauscht", erläutert Toda. Um die Lebensdauer der RNA-Moleküle zu bestimmen, arbeitete die Forschungsgruppe mit dem Team von Prof. Dr. Martin Hetzer, einem Zellbiologen am Institute of Science and Technology Austria (ISTA), zusammen. "Es ist uns gelungen, die RNAs mit fluoreszierenden Molekülen zu markieren und ihre Lebensdauer in Gehirnzellen von Mäusen zu verfolgen", schildert Tomohisa Toda. 

Darüber hinaus entdeckten die Forscher:innen, dass sich die langlebigen RNAs, die sie kurz LL-RNA nannten, in der Regel in den Zellkernen befinden und eng mit Chromatin verbunden sind, einem Komplex aus DNA und Proteinen, der Chromosomen bildet. Dies deutet darauf hin, dass LL-RNA eine Schlüsselrolle bei der Regulierung des Chromatins spielen. Um diese Hypothese zu bestätigen, verringerte das Team die Konzentration von LL-RNA in einem In-vitro-Experiment mit erwachsenen neuronalen Stammzellmodellen, mit dem Ergebnis, dass die Integrität des Chromatins stark beeinträchtigt war. "Zukünftige Forschungsprojekte sollten einen tieferen Einblick in die biophysikalischen Mechanismen geben, die hinter der langfristigen Erhaltung von LL-RNAs stehen. Wir wollen mehr über ihre biologische Funktion bei der Chromatinregulation herausfinden und welche Auswirkungen das Altern auf all diese Mechanismen hat", so Toda abschließend.

Die Ergebnisse wurden im Journal "Science" veröffentlicht.

Lifelong persistence of nuclear RNAs in the mouse brain