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Ärzt:in Assistenz 02/2024

Austrian Health Forum: Lösungsansätze für drängende Probleme

Beim Austrian Health Forum in Bad Hofgastein (AHF-Gastein 2024) trafen sich vergangene Woche rund 200 Expert:innen und Entscheidungsträger:innen, um über die Zukunft des österreichischen Gesundheitswesens zu diskutieren und Empfehlungen an die nächste Regierung zu formulieren. Die Schwerpunkte lagen auf den Bereichen Prävention und eHealth.

DDr.in Meinhild Hausreither, Sektionschefin im Gesundheitsministerium, präsentierte bereits in ihrer Begrüßungsrede den Problemaufriss: "Die Anzahl der in Gesundheit verbrachten Lebensjahre liegt in Österreich unter dem Durchschnitt vergleichbarer Länder. Deshalb gilt es, Gesundheitsförderung, Gesundheitskompetenz und Prävention auszubauen." An zwei Kongresstagen wurde beim AHF-Gastein von 24. bis 25. Oktober 2024 Expert:innenwissen ausgetauscht und in Paneldiskussionen und Workshops über positive Entwicklungsszenarien gesprochen. Daraus entstanden Fokuspunkte, über die die Teilnehmenden aus allen Bereichen des Gesundheitswesens im Plenum des Austrian Health Forum live abstimmten.

Das Anliegen, verstärkt auf Impfungen als Instrument der Vorsorge zu setzen, traf auf breite Unterstützung. Die Teilnehmer:innen am AHF-Gastein befürworteten vor allem eine volle Ausrollung des eImpfpasses mit Einladungs- und Erinnerungsfunktion. Andreas Huss, MBA, ÖGK-Obmann und SPÖ-Gesundheitssprecher, betonte: "Impfen ist eine zentrale Aufgabe der österreichischen Gesundheitsvorsorge. 90 Mio. Euro pro Jahr können eingesetzt werden. Das Nationale Impfgremium arbeitet an einem Priorisierungsvorschlag, der uns im Dezember vorliegt. Diese Liste werden wir evaluieren, um im nächsten Jahr einzusteigen."

ÖVP-Gesundheitssprecher Univ.-Prof. Dr. Josef Smolle ergänzte, dass ein breiterer Zugang zu Impfungen sinnvoll sei: "Hausärzt:innen und Apotheker:innen sollen nicht nur übereinander reden, sondern auch miteinander. Ich halte es für vertretbar, dass auch andere Gesundheitsberufe unter bestimmten Bedingungen impfen. Genauso ist es aber auch vertretbar, wenn ein Arzt oder eine Ärztin beim Hausbesuch die nötigen Medikamente schon dabeihat."

Stefanie Braunisch, MA, Gesundheitsreferentin im NEOS-Parlamentsklub, hakte ein: "Impfen in den Apotheken wäre sinnvoll, das wäre ein Beitrag, um Präventionsprogramme breiter aufzustellen. Wir dürfen nicht nur fragen, was uns Krankheiten kosten, sondern auch, was uns Gesundheit bringt. Wenn eine Impfung zum Beispiel eine Krankheit verhindert, sparen wir uns nicht nur die Kosten der Behandlung von Folgeerkrankungen, sondern wir gewinnen auch mehr gesunde Lebenszeit und damit weniger Krankenstände."

Ein konkretes Beispiel nannte Mag.a Julia Guizani, MBA, FOPI-Präsidentin und Geschäftsführerin von Sanofi Österreich: "Impfen ist ein wichtiger Eckpfeiler für mehr gesunde Lebensjahre. Mit einer flächendeckenden HPV-Impfung kann das Risiko für Gebärmutterhalskrebs um bis zu 90 % gesenkt werden. Das spart Ressourcen, weil das Gesundheitssystem die Kosten der Folgeerkrankungen dann nicht tragen muss."

Mag. Jakob Hochgerner, Gesundheitsdirektor des Landes Oberösterreich, schlug vor, die empfohlenen Impfungen bereits als Leistungen der Krankenversicherung im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu verankern: "Schließlich sind das evidenzbasierte Maßnahmen, deren Sinnhaftigkeit gut belegt ist. Selbstverständlich muss die Krankenversicherung dafür auch ausreichende Ressourcen erhalten. Die Bundesländer könnten mit ihren Strukturen Vertragspartner:innen und weiterhin kräftige Unterstützer:innen eines nationalen Impfprogramms der Krankenversicherung sein."

Einig war man sich auch beim Wunsch nach besserer Gesundheitskommunikation und einheitlicheren Angeboten. Dies hob Grünen-Gesundheitssprecher NRAbg. Ralph Schallmeiner hervor: "Die Kommunikation auf Augenhöhe zieht sich wie ein roter Faden durch: Wenn wir wollen, dass die Menschen kompetent sind, dass sie sich um ihre Gesundheit kümmern, dann müssen wir hier einheitlich werden, das ist einer der wichtigsten Punkte in der Prävention. Die Menschen in einem Bundesland haben genau dasselbe Anrecht auf eine Gesundheitsmaßnahme, wie die in anderen."

Die Potenziale von Gesundheitsdaten und Digitalisierung zu nutzen und dabei den Datenschutz verantwortungsvoll zu berücksichtigen, fand ebenfalls allgemeine Zustimmung. "Wenn es uns nicht gelingt, Digitalisierung optimal einzusetzen, werden wir die Bevölkerung nicht optimal versorgen können", erklärte SVS-Obmann Peter Lehner bereits zum Beginn des Gesundheitskongresses. Beim Thema eHealth spielt Real-World-Data eine große Rolle. "Der Europäische Gesundheitsdatenraum EHDS hilft Österreich, die ELGA-Gesundheitsinfrastruktur weiterzuentwickeln, wobei wir in diesem Bereich im europäischen Vergleich bereits eine gute Basis haben, auf der wir aufbauen können", skizzierte DDr.in Hausreither die Ausgangssituation. Prof. Smolle ergänzte in der Schlussdiskussion: "Der Frage, wie ethisch die Erhebung und Nutzung der Daten ist, steht auch jene gegenüber, wie unethisch es ist, sie nicht zu nutzen. Wir haben durchaus einen Auftrag, Daten im Interesse der Allgemeinheit zu nutzen." Als wichtige Forderung nannten die Teilnehmenden am AHF-Gastein daher auch, dass es für die Datenerhebung und -nutzung einen ersichtlichen Primärnutzen geben müsse.

Ausführlich erörtert wurden außerdem die Gesundheitsportale und die telefonische Gesundheitsberatung 1450. Die Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit Dr.in Katharina Reich gab zu bedenken: "Anonyme Anlaufstellen wie 1450 sind zwar gut und wichtig, aber nicht ausreichend, es braucht auch persönliche Anlaufstellen. Wir benötigen eine spezifische Ansprache und mehr Betroffenheit. Die Menschen müssen ein Gesamtbild haben von der eigenen Gesundheitssituation – und jener der eigenen Familie. Wir müssen einfacher und klarer kommunizieren, wo es welche Gesundheitsangebote gibt, auch über Bundesländergrenzen hinweg." Im Zusammenhang damit sprachen sich die Expert:innen am AHF-Gastein auch für einheitliche Strukturen und Prozesse für Behandlungspfade aus. "Wir haben ein gutes Gesundheitssystem, in dem zurzeit allerdings jeder macht, was er will. Deshalb brauchen wir eine effiziente Lenkung der Patientinnen und Patienten", betonte Dr. Harald Mayer, Kurienobmann der angestellten Ärzte und 3. Vizepräsident der oberösterreichischen Ärztekammer.

Wie eine solch effiziente Lenkung aussehen kann, wurde im Präventions-Workshop des zweiten Kongresstages am Beispiel von COPD – einer der häufigsten Todesursachen weltweit – verdeutlicht. Nach dem Vortrag von Prim. PD Dr. Arschang Valipour von der Klinik Floridsdorf gab es vor allem Fragen zu neuen Tabakprodukten wie Heats und E-Zigaretten, für die er klare Worte fand: "Eine Ohrfeige ist weniger als zwei Ohrfeigen – so ist es auch bei E-Zigaretten. Sie sind vom aktuellen Forschungsstand ausgehend weniger belastend als 'normale' Zigaretten. Aber die Jungen fangen damit an und 80 % davon beginnen später zu rauchen. Es sind Chemikalien und Aromen enthalten, die sogar eigene Folgeerkrankungen nach sich ziehen können." Beim AHF-Gastein wurde daher mehr Bewusstsein für die Gefahren des Rauchens sowie ein integriertes Versorgungsmodell für COPD-Patient:innen gefordert.

Mag.a Verena Nikolai, Abteilungsleiterin im Gesundheitsministerium, stellte ein Prozessmodell vor, das ursprünglich für Diabetes implementiert wurde und das Potenzial bietet, die Patient:innenlenkung auch bei weiteren chronischen Erkrankungen zu verbessern: Bereits erhobene Informationen wie ein Behandlungsplan sind in diesem Modell gleichermaßen für Patient:innen und Behandler:innen abrufbar, Terminerinnerungen werden zeitgerecht ausgesendet und Neuigkeiten – etwa ein Spitalsbesuch – direkt erfasst. Das gewünschte Ergebnis: "Durch mehr Informationsaustausch zwischen den Gesundheitsberufen, durch mehr Gesundheitskompetenz und mehr Interaktion mit den Patientinnen und Patienten kann die Behandlung besser werden", so Mag.a Nikolai.

Eine weitere Forderung des AHF betraf Vorsorge, Prävention und Gesundheitsbewusstsein: Dr. Michael Müller, Direktor des Geschäftsbereiches Leistung & Prävention der SVS, skizzierte die Erfahrungen der Versicherung mit dem Thema "Nudging", also mit dem sanften "Anstupsen" in Richtung eines Verhaltens, das der Gesundheit dient. "Wenn sie auf die eigene Gesundheit schauen, gibt es Anreize für unsere Versicherten. Das haben wir bei der Vorsorgeuntersuchung erfolgreich gemacht – und können eine Steigerung der Teilnahme von über 40 % verzeichnen. Bei den Kindern waren es sogar 116 %. Besonders wirksam war der Nudge in der Gruppe der wirtschaftlich schwach gestellten Bevölkerungsschicht und bei der Akquise von Neukunden", so Dr. Müller.

Mag. Wolfgang Panhölzl, Abteilungsleiter der Sozialversicherung in der Arbeiterkammer Wien, ergänzte die Bedeutung eines gesunden Lebensstils schon in jungen Jahren: "Fast 30 % der Menschen steigen übergewichtig ins Erwachsenenleben ein, bis zur Pension steigt dieser Wert auf 50 %. Wir müssen daher schon bei den Kindern und Jugendlichen ansetzen, mit Maßnahmen für mehr Bewegung und gesündere Ernährung – und das muss bundesweit koordiniert werden. Dafür braucht es ein Präventionsgesetz, das einen verpflichtenden Ansatz verfolgt, bei dem die gesetzten Maßnahmen auch einem einheitlichen Monitoring unterliegen." Dr. Mayer ergänzte: "Prävention wird uns alle länger und besser leben lassen, aber das Gesundheitssystem wird es nicht billiger machen. Wir müssen diese Diskussion offen führen und die Frage beantworten: Was ist uns Gesundheit wert?"

Die Ergebnisse des AHF-Gastein 2024 wurden im Detail ausgewertet und den Verhandlungspartner:innen am Podium übergeben. AHF-Gründer Mag. Christoph Hörhan fasste zusammen: "Im Gesundheitsbereich stehen wir vor großen Herausforderungen. Um die zum Teil erheblichen Probleme zu lösen, braucht es eine gemeinsame Strategie. Das Austrian Health Forum trägt als Plattform der führenden Expert:innen dazu bei, das österreichische Gesundheitssystem fit für die Zukunft zu machen."

Das nächste Austrian Health Forum findet von 22. bis 24. Mai 2025 in Schladming statt – Anmeldungen sind bereits möglich.