Hausärzt:in 11/2024
Ärzt:in Assistenz 02/2024

Angst & Partnerschaft: Wechselwirkung und Intervention

Verschwommenes Paar, dunkel, mit Regenschirm
Eine Angsterkrankung beeinflusst nicht nur die Betroffenen, sondern auch ihre Beziehungen.
© Kisandaya / shutterstock.com
Priv.-Doz.in DDr.in Lucie Bartova von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie (Klinische Abteilung für Allgemeine Psychiatrie) an der MedUni Wien, im Gespräch über Angsterkrankungen im Kontext von (Sexual-)Beziehungen.
Medizinische Expertise
Lucie Bartova

Priv.-Doz.in DDr.in Lucie Bartova (Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin in Wien)

HAUSÄRZT:IN: Zur Differenzierung zwischen Angst und Angsterkrankung – bis wann gilt Angst als "normal", ab wann als krankheitswertig?

Doz.in BARTOVA: Angst und Angsterkrankungen voneinander zu unterscheiden, ist sehr wichtig. Angst ist etwas Natürliches und – auch im Sinne der evolutionären Neurobiologie – ein sinnvolles und notwendiges affektives Erregungsmuster. Angst ist eine physiologische Stressreaktion, die eine schnelle Anpassung des Individuums an Gefahrensituationen ermöglicht – gemäß der sogenannten "Kampf-oder-Flucht-Reaktion". Angst zu verspüren, ist also nicht per definitionem pathologisch.

Bei einer Angsterkrankung hingegen tritt eine physiologische Stressreaktion außerhalb eines entsprechenden Kontextes auf. Es kommt zu einer Überaktivierung des vegetativen Nervensystems, obwohl gar keine objektiv wahrnehmbare Gefahr besteht. Oft entwickeln Betroffene ein entsprechendes Vermeidungsverhalten oder ertragen gewisse Dinge oder Situationen nur noch unter starkem Unbehagen; die subjektive Lebensqualität und Funktionalität im Alltag leiden darunter. Ist das Leben aufgrund dieser Symptomatik nicht mehr uneingeschränkt möglich, so kann dies durchaus ein Hinweis auf eine Angsterkrankung sein.