Von der Strahlung betroffen sind nicht nur die Mediziner:innen selbst, die neben den Patient:innen direkt am Untersuchungstisch stehen, sondern auch die Beidienste (Radiologietechnologie und Pflege). Es handelt sich dabei vielfach um junge Frauen im gebärfähigen Alter. "Wir haben daher schon vor Jahren begonnen, uns intensiv mit dem Thema Strahlenschutz für unsere Mitarbeiter:innen auseinanderzusetzen und vor vier Jahren das 'Zero Gravity'-System angeschafft", erzählt Univ.-Prof. Dr. Uta Hoppe, Vorständin der Universitätsklinik für Innere Medizin II.
Die Kardiolog:innen arbeiten dabei mit einem Röntgen-Schutzschild, das an einem flexiblen Arm an der Decke des Herzkatheter-Labors befestigt ist. Dadurch ist das Schutzschild für die Mediziner:innnen gewichtslos – im Gegensatz zu einer herkömmlichen Bleischürze, die bis zu zehn Kilogramm wiegt. "Die Ärzt:innen am Tisch ermüden dadurch auch weniger schnell. Langfristig schont das 'Zero Gravity'-System auch Wirbelsäule und Gelenke, weil sich das Gewicht der herkömmlichen Schutzausrüstung natürlich auch auf den Körper auswirkt, wenn man sie täglich über viele Stunden tragen muss", erklärt Hoppe.
Der größte Vorteil sei jedoch der weitaus bessere Strahlenschutz, betonen Oberärztin Dr. Erika Prinz und Oberarzt Priv.-Doz. Dr. Mathias-Christoph Brandt. Sie arbeiten im Herzkatheter-Labor und leiten ein Projekt, das die Auswirkungen des "Zero Gravity"-Systems auf den Strahlenschutz wissenschaftlich erforscht. "Wir haben mittlerweile mehr als 3.000 Untersuchungen in unserer Datenbank, bei denen wir die Strahlenbelastung für unsere Teams mit fünf Dosimetern gemessen haben, die am Oberkörper und Kopf der Kardiolog:innen befestigt waren", halten Prinz und Brandt fest.
Die Messungen zeigen, dass das größte Problem die Streustrahlung darstellt – jene Dosis, die sich außerhalb des eigentlichen Untersuchungsbereichs ausbreitet, der durch herkömmliche Bleischürzen geschützt ist. "Der Effekt des 'Zero Gravity'-Systems ist schlichtweg umwerfend! Wir können nachweisen, dass die Belastung durch Streustrahlung für die Kardiolog:innen um bis zu 97 % reduziert wird. Selbst für die Beidienste, die mit konventionellem Strahlenschutz seitlich des Systems stehen, beträgt die Reduktion noch immer zwischen 45 und 60 %", zeigt sich Brandt begeistert. "Natürlich erfüllen auch die herkömmlichen Bleischürzen die Vorschriften des Strahlenschutzes. Uns war das aber zu wenig. Unsere Teams führen bis zu 30 Herzkatheter-Untersuchungen pro Woche durch. Da kommt eine ordentliche Strahlendosis zusammen, wenn man sich an den offiziellen Grenzwerten orientiert", so Hoppe.