Hausärzt:in 11/2024
Ärzt:in Assistenz 02/2024

Med Uni Innsbruck bringt Licht in dunkle Genregionen

Forscher:innen am Institut für Genetische Epidemiologie der Med Uni Innsbruck haben eine komplexe Rechenmethode entwickelt, mit der sie spezifische dunkle Genregionen sichtbar machen. Dabei entdeckten sie mehr als 300 Varianten im LPA-Gen – eines der wichtigsten Gene in Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Die UK Biobank enthält genetischen Daten von rund 500.000 Studienteilnehmer:innen, die mittels Next Generation Sequencing gewonnen wurden – eine Methode, mit der ein Großteil des menschlichen Genoms automatisiert ausgelesen werden kann. Eine Schwäche des Verfahrens ist jedoch, dass nicht alle Daten zur Gänze entschlüsselt und interpretiert werden können. Die so genannten Dark Regions haben jedoch erheblichen Einfluss auf die Vererbung von vielen Merkmalen und Erkrankungen. 

Nun haben Forscher:innen am Institut für Genetische Epidemiologie der Med Uni Innsbruck Licht in VNTRs (Variable Number Tandem Repeats), eine bestimmte Art von Dark Regions, gebracht. In interdisziplinärer Zusammenarbeit entwickelten sie einen Algorithmus, der genetische Varianten in VNTRs sichtbar macht. Ab sofort ist die komplexe Rechenmethode als automatisierte Pipeline-Anwendung für alle Mediziner:innen und Forscher:innen frei zum Download verfügbar. "Man geht von rund 3.800 Dark Regions in proteinkodierenden Genen aus. Etwa 300 dieser Gene sind wiederum medizinisch relevant, etwa in der Alzheimer- oder LPA-Forschung", erklärt Erstautorin Silvia Di Maio, PostDoc am Institut für Genetische Epidemiologie. 

Zur Entschlüsselung der VNTRs haben die Forscher:innen das LPA-Gen als Ausgangspunkt genommen. Der Lp(a)-Wert ist der wichtigste erbliche Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und wird vom LPA-Gen kontrolliert. Ein Großteil des Gens, eine VNTR-Sequenz mit der Bezeichnung KIV-2, konnte bis dato aber nicht entschlüsselt werden. Das Forschungsteam hat ihre Rechenmethode auf die KIV-2 Daten von 200.000 Proband:innen der UK-Biobank angewandt. Dabei wurden rund 300 Varianten entdeckt. "Wir sehen jetzt in eine Region, in die wir bisher nicht hineinschauen konnten. Einige der neuen Varianten stehen mit der Lp(a)-Konzentration in Verbindung", so Di Maio. Dies würde vielfältige Perspektiven für die Forschung eröffnen: So könnten sich unter den neuidentifizierten Varianten Angriffspunkte für therapeutische Interventionen befinden, die die Lp(a)-Konzentration senken. Zudem könnten die Erkenntnisse in die Erstellung von Risikoscores einfließen.

Neben dem LPA-Gen haben sich die Forscher:innen auch noch VNTRs in fünf weiteren, medizinisch relevanten Genen angeschaut, die der Struktur des LPA-Gens ähnlich sind: NEB, DMBT1, FLG, SPDYE3, UBC. Sie werden unter anderem mit Muskel-, Haut- und Krebserkrankungen assoziiert.

Die Forschungsarbeit wurde im Fachjournal "Genome Biology" veröffentlicht.

Di Maio et al. (2024). Resolving intra-repeat variation in medically relevant VNTRs from short-read sequencing data using the cardiovascular risk gene LPA as a model. Genome Biology, 25(1). https://doi.org/10.1186/s13059-024-03316-5