Hausärzt:in 11/2024
Ärzt:in Assistenz 02/2024

Infrarot-Spektroskopie für das Gesundheitsscreening

Ein Forschungsteam der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik (MPQ) haben in Zusammenarbeit mit dem Helmholtz Zentrum München ein Gesundheits-Screening-Tool entwickelt, das mit Hilfe von Infrarotlicht und maschinellem Lernen mehrere Gesundheitszustände mit nur einer Messung erkennt.

Seit Jahrzehnten ist die Infrarotspektroskopie, eine Technik, bei der Infrarotlicht zur Analyse der molekularen Zusammensetzung von Stoffen verwendet wird, ein grundlegendes Instrument in der Chemie. Bei der Anwendung auf komplexe Bioflüssigkeiten wie Blutplasma kann diese physikalisch-chemische Technik detaillierte Informationen über molekulare Signale liefern. In der medizinischen Diagnostik ist die Methode bislang jedoch nicht etabliert.

Ein Team von Forscher:innen unter der Leitung von Mihaela Žigman an der LMU und dem MPQ hat eine Methode zur Messung von menschlichem Plasma entwickelt und mit dem Team von Annette Peters von der Helmholtz-Zentrums in München zusammengearbeitet, um den molekularen Infrarot-Fingerabdruck bei einer natürlich vielfältigen Population zu erstellen. Dazu wurden im Rahmen der KORA-Studie, einem Gesundheitsforschungsprojekt, mehr als 5.000 Blutplasmaproben mittels Fourier-Transformations-Infrarot-Spektroskopie (FTIR) gemessen. Die Blutproben wurden mit Infrarotlicht durchleuchtet, um molekulare Fingerabdrücke zu erhalten. Dabei wandte das Team maschinelles Lernen an, um sie zu analysieren und sie mit medizinischen Daten zu korrelieren. Sie entdeckten, dass diese Fingerabdrücke wertvolle Informationen enthalten, die ein schnelles Gesundheitsscreening ermöglichen. Der Multi-Task-Computeralgorithmus ist in der Lage, zwischen verschiedenen Gesundheitszuständen zu unterscheiden, einschließlich abnormaler Blutfettwerte, verschiedener Blutdruckveränderungen, der Erkennung von Typ-2-Diabetes, aber auch der Erkennung von Prädiabetes.

Der Algorithmus konnte auch Personen herausfiltern, die gesund waren und über die untersuchten Jahre hinweg gesund blieben. Damit identifiziert das auf maschinellem Lernen basierende System nicht nur gesunde Personen, sondern erkennt auch komplexe Zustände mit mehreren Krankheiten gleichzeitig. Zudem kann es die Entwicklung des metabolischen Syndroms Jahre vor dem Auftreten von Symptomen vorhersagen und so ein Zeitfenster für Interventionen schaffen. Die Forscher:innen halten fest, dass diese Studie den Grundstein dafür legt, dass der molekulare Infrarot-Fingerabdruck zu einem Routinebestandteil der Gesundheitsvorsorge wird und es Ärzt:innen ermöglicht, Krankheiten effizienter zu erkennen und zu behandeln. 

Die Studie wurde im Journal "Cell Reports Medicine" veröffentlicht.

Eissa et al. (2024). Plasma infrared fingerprinting with machine learning enables single-measurement multi-phenotype health screening. Cell Reports Medicine, 5(7), 101625. https://doi.org/10.1016/j.xcrm.2024.101625