Brustkrebspatientinnen mit Knochenmetastasen erhalten Medikamente wie Bisphosphonat oder Denosumab, um das Fortschreiten von Knochenmetastasen sowie einhergehende Folgen wie Schmerzen und Brüche zu verhindern. Diese Substanzen beeinflussen den Knochenstoffwechsel, können jedoch eine sogenannte medikamentenassoziierte Kiefernekrose auslösen, bei der es zum Absterben des Kieferknochens kommt. Doch wie häufig tritt diese gefürchtete Nebenwirkung tatsächlich auf?
Ein interdisziplinäres Forschungsteam unter der Leitung von Oberärztin Dr.in Christine Brunner von der Univ.-Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie dem Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Priv.-Doz. Dr. Dr. Johannes Laimer hat Daten von Brustkrebspatientinnen mit Knochenmetastasen aller neun Tiroler Krankenanstalten aus den Jahren 2000 bis 2020 analysiert. "Wir konnten zeigen, dass es durchschnittlich bei 8,8 % der Brustkrebspatientinnen zur Entwicklung einer Kiefernekrose kam. Dieser Prozentsatz ist deutlich höher als die bisher in der internationalen Literatur angegebenen Werte. Durchschnittlich dauerte es 4,6 Jahre bis Patientinnen mit Denosumab eine Kiefernekrose entwickelten, im Gegensatz zu 5,1 Jahren bei der Einnahme nach Bisphosphonaten", berichtet Erstautorin Brunner.
In Tirol erhalten derzeit rund 540 Frauen pro Jahr die Diagnose Brustkrebs. Die Erkrankung gilt derzeit als unheilbar, wenn bei Erstdiagnose bereits Tochtergeschwülste diagnostiziert werden. "Allerdings zeigen die Ergebnisse dieser aktuellen Studie, dass Patientinnen nach Diagnose der Knochenmetastasen durch den Einsatz hoch effektiver Therapien durchschnittlich bis zu zehn Jahre überlebten, sodass wir inzwischen auch von einem chronischen Krankheitsverlauf sprechen. Das bedeutet aber auch, dass die Erhaltung der Lebensqualität einen sehr wichtigen Aspekt bei der Behandlung darstellt und wir besonderes Augenmerk auf mögliche Nebenwirkungen bei einer Langzeitbehandlung dieser Krebspatientinnen legen müssen", so Brunner.
Die Studienergebnisse weisen auf die Wichtigkeit einer zahnmedizinischen Vorbehandlung von Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs vor Beginn der Therapie hin. Zudem sollten zahnärztliche Nachuntersuchungen regelmäßig eingehalten werden. So kann eine angepasste Zahnpflege gewährleistet und erste Anzeichen und Symptome einer Kiefernekrose bereits frühzeitig erkannt werden.
Die Studie wurde im "Journal of Clinical Oncology" veröffentlicht.
Brunner et al. (2024). Incidence of Medication-Related Osteonecrosis of the jaw in patients with breast Cancer during a 20-Year Follow-Up: A Population-Based Multicenter Retrospective Study. PubMed, JCO2400171. https://doi.org/10.1200/jco.24.00171