Hausärzt:in 09/2024

Funktionelle Dyspepsie oder der "nervöse Magen"

Darstellung einer Frau mit gereiztem Magen
Für die FD sind derzeit keine etablierten ursächlichen Therapiekonzepte verfügbar.
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Wenn Gehirn und Darm nicht richtig miteinander kommunizieren.

Inhaltsverzeichnis
Medizinische Expertise
Karoline Horvatits

Dr.in Karoline Horvatits (Internistin mit Schwerpunkt Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährungsmedizin, Zentrum für Leber-, Magen- und Darmgesundheit GASTROMEDICS in Eisenstadt)

Die funktionelle Dyspepsie (FD) zählt zu den häufigsten Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts. Rund 20 % der Bevölkerung berichten über chronische Oberbauchbeschwerden, die mehrmals pro Woche auftreten. Den meisten davon liegt keine organische Ursache zugrunde. Vielmehr werden sie auf Störungen der Darm-Bewegungen (Motilität) und Funktion zurückgeführt. Der Symptomkomplex umfasst Schmerzen im Oberbauch, ein übermäßiges Völlegefühl nach dem Essen (postprandial) und vorzeitiges Sättigungsgefühl. Weitere mögliche Beschwerden sind Blähgefühl im Oberbauch sowie Übelkeit und Erbrechen. In den Rom-IV-Kriterien sind die Faktoren für die Diagnose FD genau definiert (siehe INFO). Grundsätzlich wird der "Reizmagen" in zwei Subtypen unterteilt. Beim "postprandial distress syndrome" (PDS) dominieren ein postprandiales Völlegefühl und frühes Sättigungsgefühl. Der subjektive Leidensdruck ist so hoch, dass die Lebensqualität eingeschränkt ist – respektive Mahlzeiten nicht aufgegessen werden können. Beim "epigastric pain syndrome" (EPS) stehen Schmerzen und/oder Brennen im Bereich des Oberbauchs im Vordergrund, wobei kein klarer Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme nachweisbar ist. Möglich sind auch Überschneidungen der Beschwerden, man spricht dann vom "overlap syndrome" (OS).

Die Ursachen der FD sind heterogen, multifaktoriell und bislang nicht vollständig geklärt, jedoch scheint eine Störung der Darm-Hirn-Achse vorzuliegen. Bei Reizmagenpatient:innen lässt sich eine veränderte Mikrobiota des Zwölffingerdarms und somit eine veränderte Signalweiterleitung und -verarbeitung im zentralen Nervenzentrum (ZNS) feststellen. Signale aus dem Magen-Darm-Trakt an das ZNS werden dort falsch verarbeitet, umgekehrt werden Signale an den Magen-Darm-Trakt gesendet. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass auch der Zwölffingerdarm eine wichtige Rolle spielt. Demnach kommt es durch verschiedene Faktoren wie etwa Magen- und Gallensäure, Nahrungsmittelbestandteile oder Allergene zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Schleimhaut des Zwölffingerdarms. Dies führt zu einer geringgradigen Entzündung und in der Folge zu einer lokalen Stimulation des Immunsystems sowie einer vermehrten Stimulation der Nervenendigungen.