OA Dr. Daniel WILFINGER: Chronische Handekzeme sind eine häufige dermatologische Erkrankung, die Lebenszeitprävalenz wird mit bis zu 15 % angegeben, ca. die Hälfte dieser Hautveränderungen ist beruflich (mit-)verursacht.1
In Österreich werden pro Jahr ca. 600-700 Patient:innen mit berufsbedingten Hauterkrankungen der AUVA gemeldet, von einer deutlich höheren Dunkelziffer ist auszugehen. Die Gründe für Hautprobleme am Arbeitsplatz sind vielfältig: Sie reichen von Irritation durch Feuchtarbeit, häufiges Händewaschen mit Seife und langes Tragen okklusiver Handschuhe bis hin zu potenziellen Kontaktallergien gegen eine Vielzahl von Arbeitsstoffen. So können multiple Faktoren eine kausale Rolle spielen.
Eine anlagebedingte "Empfindlichkeit" der Haut wie bei Neurodermitispatient:innen stellt einen häufigen prädisponierenden Faktor dar. Da berufliche Einflüsse überwiegend die Haut der Hände betreffen, kommt es im Rahmen der Berufsausübung oft zu Handekzemen. Neben der leitliniengerechten Lokal- und Systemtherapie2 ist jedenfalls eine umfassende Abklärung der Ursachen und in der Folge konsequente Umsetzung von Maßnahmen zur Rezidivprophylaxe nötig.
Als erste Anlaufstelle suchen viele Patient:innen die Hausärzt:in auf. Und hiermit kommen wir wieder zurück zu unserer Patientin: Ihre frühkindliche Neurodermitis zeigt eine anlagebedingte Empfindlichkeit der Haut an, darüber hinaus besteht im Friseurberuf eine Feuchtbelastung der Haut durch regelmäßiges Waschen der Haare von Kund:innen und häufiges Tragen flüssigkeitsdichter Gummihandschuhe beim Haarefärben. Außerdem muss bei Frau B. eine allergologische Abklärung mittels eines Epikutantests erfolgen – Kontaktallergien gegen Haarfärbemittel sowie Duft- und Konservierungsstoffe in Haarkosmetikprodukten sind häufig.
Frühe Verdachtsmeldung
Zur Unterstützung bei der Abklärung, Behandlung und Prävention berufsbedingter Hauterkrankungen bietet die AUVA bereits seit 2015 ein entsprechendes Maßnahmenpaket an. Erster Schritt hierfür ist immer eine Berufskrankheiten-Verdachtsmeldung an die Unfallversicherung durch die (Haus-)Ärzt:in. Diese sollte so früh wie möglich erfolgen, um Präventionsmaßnahmen noch vor Aufgabe des Berufes oder weiterer Verschlimmerung der Hauterkrankung umsetzen zu können. Die sogenannte "BK-Meldung" kann online oder postalisch an die jeweils nächste AUVA-Landesstelle gesendet werden und ist für Ärzt:innen bereits bei Verdacht gesetzlich verpflichtend.
Das Formular steht auf der Homepage der AUVA zur Verfügung.3 Ganz unabhängig von der gesetzlichen Verpflichtung liegt eine frühe Meldung und gute Kooperation zwischen Haus-, Fachärzt:innen, Kliniken und der AUVA im Interesse der Betroffenen. Im nächsten Schritt wird unsere Patientin zur Hautsprechstunde in ein Zentrum der AUVA eingeladen. In diesem Rahmen erfolgen:
- eine umfassende arbeitsmedizinische Erhebung möglicher beruflicher Risikofaktoren,
- eine Durchsicht von Sicherheitsdatenblättern der Arbeitsstoffe in Hinblick auf enthaltene Allergene und Irritanzien,
- eine dermatologische Untersuchung und Abklärung einschließlich Epikutan- und Pricktestungen, häufig mit eigenen Arbeitsstoffen.
Spezifische Prävention
Wenn die Patientin ihren Traumberuf Friseurin trotz anlagebedingt empfindlicher Haut und zusätzlicher berufsbedingter hautschädigender Einflüsse weiterhin ausüben möchte, so werden Präventionsmaßnahmen unumgänglich sein. Die Lokaltherapie mit topischen Kortikosteroiden lindert zwar häufig kurzfristig die Symptome, nach Absetzen kommt es aber meist unweigerlich zu Rezidiven ("Rebound-Phänomen"), insbesondere wenn die beruflichen Hautbelastungen weiterbestehen.
Die Patientin wird daher nach erfolgter Diagnostik in einem AUVA-Zentrum mit persönlicher Schutzausrüstung (adäquate Handschuhe, Hautschutz- und Pflegecremes etc.) ausgestattet und in Hinblick auf deren Anwendung sowie die Vermeidung von hautschädlichen Risikofaktoren am Arbeitsplatz geschult. Für besonders komplexe oder therapierefraktäre Fälle wird eine dreiwöchige stationäre dermatologische Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik Tobelbad bei Graz angeboten.
Nachdem sämtliche Maßnahmen umgesetzt wurden, ist das Weiterarbeiten im erlernten Beruf in den allermeisten Fällen ohne Hautprobleme möglich. Sollte dies z. B. wegen schwerer Kontaktallergien im Einzelfall nicht gelingen, kann eine Umschulung in Betracht gezogen werden.
Neue Berufskrankheiten
Abgesehen von irritativen oder allergischen Kontaktekzemen, können auch andere vorbestehende Hauterkrankungen durch zusätzliche berufliche Hautbelastung verschlimmert und somit zur Berufskrankheit werden. Neurodermitis kann durch Feuchtarbeit und weitere Reizfaktoren getriggert werden. Bei Psoriasis führen mechanische Reize, z. B. bei handwerklich tätigen Patient:innen, mitunter zu einer Verschlimmerung durch das sogenannte Köbner-Phänomen.
Darüber hinaus erfolgte mit März 2024 eine Umstrukturierung und Erweiterung der österreichischen Berufskrankheitenliste. Die genannten Hauterkrankungen werden nun unter der Nummer 2.1. geführt. Zusätzlich wurde unter der Nummer 7.4.2. eine neue dermatologische Berufskrankheit in die Liste aufgenommen: Plattenepithelkarzinome und aktinische Keratosen der Haut durch UV-Exposition. Patient:innen mit diesen Diagnosen können nun bei beruflicher UV-Exposition ("outdoor-worker") ebenso der AUVA gemeldet werden und von zusätzlichen Behandlungsmöglichkeiten, z. B. einer photodynamischen Therapie, und entsprechenden Präventionsmaßnahmen profitieren.