Hausärzt:in 10/2024

Kassenmedizin in der "Abwärtsspirale": Rahmenbedingungen verbessern

Auf den Praevenire Gesundheitstagen hielt Dr.in Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin der Wiener Ärztekammer einen Vortrag zu den Problemen der Kassenärzt:innen und notwendige Verbesserungen durch die Politik.

Wie erst kürzlich berichtet, gaben in einer Umfrage die Wiener:innen an, dass sie zwischen ungefähr ein und drei Monaten auf einen Facharzttermin auf Kasse warten müssten. Dr.in Kamaleyan-Schmied kennt das Problem: "Jeder zweite Kinderfacharzt in Wien nimmt keine neuen Patienten. Die Patienten wollen aber mehr Kassenärzte und kurze Wartezeiten." Dass es sich um ein multifaktorielles Problem handelt, ist klar, es hängt z. B. auch an der Finanzierung und der Wertigkeit aus Sicht der Politik: "Wir brauchen faire Honorierungen. Fragt man Patienten, dann ist ihnen ein persönlicher Arztkontakt rund 150 Euro wert. Das ist das, was er beim Wahlarzt zahlt. Der Politik ist eine Hausarzt-Konsultation hingegen sieben Euro wert."

Ein weiteres Problem sei die Inflexibilität des Systems: "Ich wollte eine Anstellung für eine junge Kollegin, die bei mir die Lehrpraxis gemacht hat. Ich habe bei der Krankenkasse den Antrag gestellt. Erst nach vier Monaten bekam ich die Bewilligung." Natürlich hatte sich die Kollegin da schon anderweitig umgesehen. Diese Starrheit kommt auch bei innovativen Maßnahmen zum Tragen. Ein D-Dimer-Bluttest, der knapp fünf Euro kostet und zur Diagnose einer Thrombose wichtig wäre, wird von der Kasse nicht getragen, dazu müssen dann Patient:innen in die Klinik gehen. Sie spricht auch die von der Politik forcierten Primärversorgungszentren an und nennt das Kind beim Namen: "Die Primärversorgungszentren können nur zehn Prozent der Bevölkerung versorgen. Was ist mit den anderen 90 Prozent.[sic] Vertrauen besteht zwischen Menschen, nicht zwischen Immobilien. Je größer diese Zentren sind, desto unpersönlicher sind sie." Sie habe selbst die Erfahrung gemacht, dass ihre Patient:innen sie als Vertrauenshausärztin sehen und einige sich nur von ihr behandeln lassen möchten.