"Wir haben herausgefunden, dass diese Proteine eine Gruppe sensorischer Nervenzellen an der Schädelbasis, das so genannte Trigeminalganglion, aktivieren, das als Tor zum peripheren sensorischen Nervensystem des Schädels bezeichnet werden kann", erklärt Postdoc Martin Kaag Rasmussen vom Center for Translational Neuromedicine an der Universität Kopenhagen, der Erstautor der Studie ist. An der Wurzel des Trigeminusganglions fehlt die Barriere, die normalerweise das Eindringen von Substanzen in die peripheren Nerven verhindert, so dass Substanzen im Liquor in die sensorischen Schmerznerven eindringen und diese aktivieren können, was zu Kopfschmerzen führt.
"Unsere Ergebnisse legen nahe, dass wir den primären Kommunikationskanal zwischen dem Gehirn und dem peripheren sensorischen Nervensystem identifiziert haben. Es handelt sich um einen bisher unbekannten Signalweg, der für die Entstehung von Migränekopfschmerzen wichtig ist und möglicherweise auch bei anderen Kopfschmerzerkrankungen eine Rolle spielt", hält Prof. Maiken Nedergaard, Erstautorin der Studie, fest. Die Studienergebnisse geben Aufschluss darüber, warum Migräne in der Regel einseitig auftritt. "Unsere Untersuchung des Transports von Proteinen aus dem Gehirn zeigt, dass die Substanzen nicht in den gesamten Hirnraum, sondern vor allem in das sensorische System auf der gleichen Seite transportiert werden, was die einseitigen Kopfschmerzen verursacht", so Kaag Rasmussen.
Die Studie wurde an Mäusen durchgeführt, umfasste aber auch MR-Scans des menschlichen Trigeminalganglions. Mit Hilfe modernster Techniken wie der Massenspektrometrie analysierten die Forscher:innen die Substanzen, die während der Aura-Phase eines Migräneanfalls freigesetzt werden. Kaag Rasmussen berichtet: "Die Konzentration von 11 % der 1.425 Proteine, die wir im Liquor identifiziert haben, veränderte sich während eines Migräneanfalls. Davon wirkten 12 Proteine, die in ihrer Konzentration erhöht waren, als Transmittersubstanzen, die sensorische Nerven aktivieren können."
Zu der von den Forscher:innen identifizierten Gruppe von Proteinen gehörte CGRP - ein Protein, das bereits mit Migräne in Verbindung gebracht wird und bei bestehenden Behandlungen eingesetzt wird. Sie entdeckten jedoch auch eine Reihe anderer Proteine, die den Weg für neue Behandlungsmöglichkeiten ebnen könnten.
Die Studie wurde im Journal "Science" publiziert.
Rasmussen et al. (2024). Trigeminal ganglion neurons are directly activated by influx of CSF solutes in a migraine model. Science, 385(6704), 80–86. https://doi.org/10.1126/science.adl0544