Hausärzt:in 07-08/2024

Idiografische Methoden: Zurück zum Menschen

Bunte Spielfiguren unter Lupe
"Ärzt:innen können aktiv zum wissen-schaffenden Prozess beitragen."
© Sudtawee Thepsuponkul / shutterstock.com

Die integrative Einzelfallstudie als Evidenzgeber für eine neue Medizin.

Inhaltsverzeichnis
Autor:in
Christian Schubert

Univ.-Prof. DDr. Christian Schubert (Leiter Labor Psychoneuroimmunologie der Medizinischen Universität Innsbruck)

Seien wir ehrlich: Sehnen wir uns nicht alle nach einer neuen, sinn-volleren Welt? Weg von Oberflächlichkeit, Schnelllebigkeit, grenzenlosem Wachstum hin zu "Small is beautiful", "Qualität vor Quantität", Bedeutung, Nachhaltigkeit. Insbesondere Hausärzt:innen können ein Lied davon singen, wenn der oftmals kurz getaktete Praxisalltag zu wenig Zeit für die individuelle Patient:in lässt und das Essenzielle der ärztlichen Arbeit droht, verloren zu gehen. Wie gerne würden sich Mediziner:innen wieder mehr ihren Patient:innen widmen und deren Krankheitskonzept, Umfeld und Geschichte würdigen.1,2

Wer nun glaubt, diese einleitenden Gedanken beträfen nur den klinisch-medizinischen Alltag, also den täglichen Umgang mit den Patient:innen in der Praxis, der oder die irrt. Solche kritischen Überlegungen gibt es in vielen Bereichen der Medizin, so auch der Wissenschaft. Themen wie die Vernachlässigung des Faktors "Zeit" – gemeint sind damit zu wenig Messzeitpunkte – und der Mangel an qualitativen Methoden, außerdem sinnentleerte Experimente, hohe Fallzahlen/"BigData", hinter denen die bzw. der Einzelne verschwindet, und viele weitere, prägen ebenfalls den üblichen, vom Leben entfremdeten wissenschaftlichen Zugang in der Medizin – mit fatalen Folgen für die medizinische Evidenz.3